Einen Reiseblog schreiben. Wie fängt man so etwas an?

Nun am Besten von vorne:

Es ist 5:45 Uhr. Der Wecker klingelt. Aurelian, mein Freund, und ich liegen in einem fremden WG-Zimmer in Darmstadt. Neben dem Bett eine Schachtel Kondome, Gleitgel, und benutzte Taschentücher, mit denen sicherlich nicht die Nase geputzt wurde. Alles von einem Typen, von dem wir nicht einmal mehr wissen, wie er aussieht. Einzige Information: Ein Architektstudent. Wie es dazu kam ist leider nicht so spektakulär, wie man es vom Anfang einer spannenden Geschichte vielleicht erwartet. Reli, (Aurelians Spitzname), und ich würden heute nach Asien fliegen! Der Start unserer langersehnten Weltreise. Der Flieger startet um 10:45 in Frankfurt, daher haben wir am Vortag noch Relis Schwester in Darmstadt besucht. Und da in ihrem Zimmer kein Platz war, wurden wir kurzerhand in die WG schräg unter ihrer WG in das Zimmer eines Verreisten einquartiert. Brrrrrrrrrr… schon wieder der Wecker. Nach einer viel zu kurzen Nacht schälen wir uns aus dem Bett, machen den letzten Rucksackcheck, stolpern in die Wohnung von Relis Schwester, verabschieden uns und zack sitzen wir auch schon im Bus Richtung Flughafen. Ein Doppeldeckerbus mit welchem wir uns im goldenem Sonnenaufgang dem Flughafen nähern. Ich bin erst einmal zuvor mit einem Flugzeug geflogen. Das war in der 10. Klasse, beim Schüleraustausch nach Florida. Umso gespannter bin ich auf den kommenden Flug! Es ist etwas besonderes. Aufregend irgendwie! Ganz anders für meine alte Schulfreundin, die mich gestern Abend noch kurz in Darmstadt besucht hatte, weil sie soeben aus ihrem einwöchigen Marokkourlaub zurückgeflogen war. Allein letztes Jahr ist sie 26 Mal geflogen. Sie liebt reisen. Und fliegen eh! Klar, bei einem Vater, der Pilot ist, hat man vielleicht noch einen anderen Bezug zum Fliegen. Vor allem wenn man einige Flüge umsonst fliegen kann und nicht wie wir massenhaft Geld zahlen muss. Wobei – im Vergleich zur Deutschen Bahn Fliegen, auf den Kilometer umgerechnet, wohl doch spottbillig ist. Anyway – mein kritisch linksgeprägtes Hirn – steht dem Fliegen klimabedingt eh kritisch gegenüber. Aber einmal Fliegen für eine so lange Reise kann ich dann doch irgendwie mit meinem Gewissen vereinen! Aber es wird vermutlich nicht der letzte Flieger sein, oder?… Zweifel überkommen mich, ob ich mich für die richtige Reiseart entschieden habe. Ich muss an meinen ehemaligen Arbeitskollegen denken, der Emissionsfrei mit einem Ruderboot von Spanien nach USA gerudert ist! Das muss man sich mal vorstellen. Oder an den Typen aus dem Buch „Mit 50 Euro um die Welt“. Außerdem erwarte ich glaube ich, auch ein ähnliches Lebensgefühl, wie ich es aus den Pfadfinderstorys von meinem Vater her kenne. Backpacking vom Feinsten. Mit Abenteuer, Extremsituationen, Lebenskunst. Dafür haben wir uns irgendwie viel Sicherheit für den Reisestart zugelegt. Einen Flug nach Bangkok, die erste Unterkunft ein günstiges, aber luxuriöses Hotel, das für viel Bequemlichkeit sorgt und ein angenehmes Startkapital an Geld, bei dem wir zumindest am Anfang nicht jeden Euro zweimal umdrehen müssen. Achja und super viel Filmequiment, was den Umgang mit unserem Gepäck und zu meinem Bedauern auch das Gewicht maßgeblich verändert. Immerhin haben wir coole, große Backpackerrucksäcke und einen guten Plan. Nach der Eingewöhnungszeit in Thailand, wollen wir uns Motorräder in Vietnam kaufen und mehr ins Outback fahren. Das ganze Filmequipment bietet die große Chance kreativ zu arbeiten – was ich eh sehr liebe – und falls wir mehr in den Survival-Modus wechseln wollen, können wir das Sach immer noch heimschicken. Das sag ich mir jedenfalls. Ganz nach dem Motto: Change your thoughts and you change your life. Es ist doch alles möglich. Ich kann meine Reise jederzeit umdefinierten, weil eh nichts fest geplant ist. Was für eine Freiheit! Mit all diesen Gedanken habe ich gar nicht bemerkt, wie wir ins Flughafengelände eingefahren sind. Aber jetzt bin ich hellwach. Meine Nase ans Fenster gedrückt sauge ich alle Details in mich auf. Einen Zustand den ich noch öfter haben werde. Als wir Terminal 2 erreichen hält der Bus und wir steigen aus. Wie automatisch verläuft ab jetzt der Check-in ab.

Alles ist ausgeschildert und verständlich sortiert. Gepäck und Passkontrolle. Sicherheitskontrolle. Kurz einen Kaffee schlürfen und den Duty-free shop begutachten und schon wieder eine Sicherheitskontrolle. Diesmal bereits beim passenden Gate. Mit welchem Flugzeug wir wohl fliegen werden? Endlich ist Boardingzeit und so belegen wir am 28.01. die Plätze 28 A und B von unserem Flugzeug, das wir am 28.10. des Vorjahres gebucht hatten! JA, kann sein, dass 28 meine Lieblingszahl ist. Aurelian und ich haben beide am 28. Tag eines Monats Geburtstag und nimmt es mir nicht übel, aber manchmal stehe ich auf so ästhetische, symbolische Sachen! Um uns herum sitzen lauter Jugendliche in unserem Alter, die, wie wir später erfahren, ebenfalls nach Bangkok reisen. Außerdem ein Mitte 50-Pärchen im Partnerlook – gelbes T-Shirt und beigene Hose und eine weitere Gruppe Erwachsener, die sich ziemlich betrinken und wie Reli sagt, in Bangkok sicherlich im Rotlichtmillieu landen werden. Während meiner Beobachtungen sind wir bereits losgerollt und schon durch einen Landebahn-Kreisverkehr durchgefahren. Ich greife nach Relis Hand. Dann drückt uns die Beschleunigung in die Sitze und schneller als wir es überhaupt realisieren sind wir auch schon abgehoben und steigen mit rasanter Geschwindigkeit immer höher in die Lüfte! Deutsche Städte und Dörfer von oben. Dann Tschechische – bis uns eine dicke Wolkenschicht die Sicht nimmt und wir uns „Harry Potter – Stein der Weisen“ widmen. „Bitte schnallen Sie sich an, wir landen in Kürze!“ – die undeutliche Stimme einer Stuardess reist mich aus meinen Träumen. So ein Mist, da war ich doch tatsächlich eingeschlafen. Noch kann ich ein paar Landschaften im arabischen Gebiet begutachten, doch dann landen wir in Bahrain, einer arabischen Insel.

Raus aus dem Flugzeug, 3 Stunden Aufenthalt in einer wunderschönen Flugzeughalle. Die müssen Geld haben. Die Decke ein architektonisches Meisterwerk, überall Kunst an der Wand. Schön! Ich bin begeistert von den Menschen die mir hier begegnen. So viele Araber*innen, größtenteils mit Turban oder Kopftuch und langen Gewändern und alle so freundlich. Während die europäischen Reisenden kaum zu einem Lächeln zu überzeugen sind strahlen mich die meisten Araber*innen an, grüßen, entschuldigen oder bedanken sich. Zeigen mir ungefragt den Weg und es ist unglaublich wie einfach ihnen ein ehrliches Lächeln fällt. Ich fühle mich sau wohl und sage Reli, dass ich hierbleiben und gar nicht wo anders hin will. Leider wird unser Flieger aber nicht abgesagt und so sitzen wir zack auch schon im zweiten Flugzeug. Diesmal doppelt so groß und bis auf die vorher erwähnte deutsche Truppe primär mit Thai’s gefüllt. Ich beobachte ihre spannenden Gesichter, einer erinnert mich vom Gesichtszug mega an meinen alten Schauspieldirektor – und natürlich grüßt auch er freundlich mit einem Herzensstrahlen. Ein anderer hat super riesige abstehende Ohren, was ihm ein wirklich interessantes, unvergessliches Charaktergesicht beschert. Eine Truppe Thai-Nonnen?, jedenfalls sind sie alle exakt identisch gekleidet, betreten ebenfalls das Flugzeug. Und alle Thais haben tatsächlich exakt den gleichen kleinen Koffer als Handgepäck, jeweils mit einer Thailändischen Flagge versehen – einzige Differenzierung: es gibt blaue und grüne Variationen und unterschiedliche Anhänger. Ich bin komplett im Beobachtermodus! Die Thai-Frau die sich neben mich setzt, ist eine der einzigen, die mich nicht grüßt, sie schaut verhältnismäßig griesgrämig, schmeißt sich eine Schlaftablette ein und ist nach paar Minuten auch schon weggepennt, bevor der Flieger überhaupt startet. Auch gut. Der Flug verläuft nachdem Reli und ich die Plätze aus Gemütlichkeitsgründen getauscht haben relativ unspektakulär. Es ist Nacht, man sieht höchstens vereinzelte Lichter aus dem Fenster, wir könnten genauso gut gerade in einem Zug sitzen. Reli hat es sich auf meinem Schoß zum Schlafen bequem gemacht, während ich mit meinem Kuschelkissen ans Fenster gelehnt, zum ununterbrochenen Hustenanfall der Thais, einnicke.

„We arrived in Bangkok“ – kein Applaus. Früher wurde noch für den Piloten geklatscht, aber heutzutage scheint es so selbstverständlich zu sein, dass man es nicht mehr als notwendige Anerkennung empfindet, für den Piloten zu klatschen. Schade eigentlich. Also nicke ich dem Piloten zu, sage „Danke“ – merke, dass er vermutlich kein Deutsch sprechen kann, werfe ein überstürztes „Thank you“ hinterher – was Danke auf Thailändisch heißt, habe ich bis dato noch nicht gelernt – und realisiere dass ich jetzt im Ausland bin. Der Flughafen in Bangkok ist längst nicht so nobel wie in Bahrain. Die Fliesen sind alt, die Räumlichkeiten kleiner, aber wie in Bahrain auch verfolgen wir unsere auserkorene „Gruppe“, sprich die Deutschen, die wir als Weginspiration auserkoren haben, um uns zurechtzufinden. Panik tritt kurzzeitig auf als wir ohne eVisum an der Passkontrolle stehen, aber ganz automatisch erhalten wir eine 30tägige Aufenthaltsgenehmigung für Thailand! Wir sind da! Krass! Erstmal ausziehen! Hitze schlägt uns entgegen, allerdings, trotz 34 Grad, nicht so erdrückend, wie erwartet. Wir kaufen Reli eine SIM-Karte für 499 Baht, laden uns mit dem so gewonnenen Internet die App „Crap“ herunter und bestellen uns damit ein Taxi, um zum eine Stunde entfernten Hotel zu gelangen. Crap ist eine App, ähnlich wie „Uber“ in Berlin, mit der man Taxis sehr viel günstiger, aber auch Essen und Lebensmittel zu sich bestellen kann! Der Taxifahrer ist super nett, das Auto klimatisiert und so saugen wir gemütlich unsere erste Eindrücke von Bangkok, und damit von Asien, in uns auf! Da wir erst um 14 Uhr einchecken können, schlafe ich kurzerhand völlig übermüdet und gejetlackt – schließlich ist es nach Deutscher Zeit gerade noch 5 Uhr Nachts und nicht 11 Uhr morgens wie hier – in der Lobby auf dem Sofa ein!

Unser Zimmer ist schlicht, aber mega komfortabel! Ein riesiges Doppelbett mit meinem Highlight: eine einzige Riesen Decke, bestimmt 2,5 Meter breit, perfekt um zu zweit sich nicht jederzeit die Decke zu klauen (Empfehlung für alle Paare, die damit Probleme haben!)! Ein Flachbildfernseher hängt über dem Bett, außerdem haben wir unser eigenes Badezimmer: Klo und Regendusche! Wie in fast allen Thailändischen Toiletten befindet sich eine Art Wasserschlauch neben der Kloschüssel, um sich ggf. den Hintern abzuputzen. Zu meiner Erleichterung gibt es in jeder Toilette, die wir in Bangkok besuchen werden, auch Klopapier. Dieses darf man zwar nicht in die Kloschüssel werfen, sondern in den dafür vorgesehenen Mülleimer daneben, aber es erleichtert meine Toilettensorgen erheblich. Zwar werde ich noch etwas Zeit brauchen, den Automatismus des Klogangs umzuschreiben und nicht automatisch das Klopapier in die Kloschüssel zu pfeffern, aber darum geht es ja auch! Gewohnheiten brechen und Kulurunterschiede kennenlernen! Auch im Kleinen!

Wir werfen uns ins Bett, starten einen Film auf Netflix; aber nichtmal 10 Minuten später sind wir schon weggepennt! Ganze 19 Stunden verbringen wir im Bett, bestellen einmal PadThai über Crab – mega lecker! – schauen den Film tatsächlich zuende und schlafen uns aus. Das war super notwendig, auch nach der relativ stressigen Vorbereitungs- und Verabschiedungszeit im Januar! Da hatte sich der Schlafmangel und der emotionale Stress durchaus angestaut. Umso besser, dass wir unseren Reisestart gechillt angehen.

Ich rolle mich aus dem Bett, ziehe mich an und gemeinsam fahren wir mit dem Aufzug aus dem 8. Stock runter in den Ersten zum Frühstückssalon. Eine sehr direkte, fordernde Asiatin begrüßt uns mit den Worten: „Room-Number, please“ im typischen Thai-Englisch-Akzent. Da wir kein Frühstück vorreserviert hatten, fülle ich den Rechnungsbeleg aus, den sie mir hinhält. erst danach erwähnt sie: „Breakfast is only until 11, you have 15 minutes left!“ – Na toll, es war also Turbo-Essen angesagt! Schnell verschaffen wir uns einen Überblick über das Buffett. In der Ecke links gab es ein Podest mit „normalem“ westlichen Frühstück: Brot, Marmelade, Müsli, Croissants, das Beste: French Toast. Der größere Teil allerdings war eine Essensinsel voller warmen asiatischen Speisen, die ich eher zum Mittagessen zuordnen würde. Viel Fleisch, viel Gemüse und vor allem viel Knoblauch! Eine Salattheke war ebenfalls Bestandteil des Frühstücksangebots, dazu eine kleine Obstecke! Ich hatte mich im Vornherein immer gefragt, was die Asiaten wohl frühstücken, jetzt hatte ich die Antwort: Reissuppe, Reisspeisen und allerhand mehr! Wir schlagen uns die Teller voll, lassen einen Kaffee aus dem Vollautmoaten raus und setzen uns an einen Tisch. Ungewohnt, aber lecker ist das meiste allemal! Nur die fettige Hühnersuppe ließen wir unangerührt!

Nun waren wir also in einer fremden, riesigen asiatischen Stadt. Doch was dort anfangen? Ich beschließe, dass wir erst einmal shoppen gehen würden. Denn ich habe keine guten Schuhe dabei – meine eigentlich für die Reise Vorgesehenen hatte ich in Berlin verloren und erst kurz vor Abreise gemerkt, dass sie fehlen. Wir packen unsere Bauchtaschen und stiefeln zu Fuß los. Laut Maps 30 Minuten Fußweg. In der stechenden Hitze. Nach 5 Minuten biegen wir in eine kleine Gasse ein. Schmal, links und rechts heruntergekommene, winzige Blech-/ und Holzhütten. Es stinkt. Vereinzelt sitzen Thais vor ihren Häusern und haben kleine Essenswägen stehen – hauptsächlich rohes oder gebratenes Fleisch – aber von wirklichem Wille uns etwas anzudrehen ist nichts zu spüren. Das erste was uns stechend ins Auge fällt ist eine kleine Katze, die mitten auf der Straße sitzt. Sie ist komplett abgemagert und hat am ganzen Körper verteilt offene Wunden, sodass man das Fleisch sehen kann. Ich kann meinen Blick nicht von ihr lösen. Sie ist für mich das Symbol, dass hier etwas anders läuft. Sehr anders. Wir laufen weiter, obwohl ich trotz Respekt ihres Leidens gegenüber, super gerne ein Foto von ihr gemacht hätte. Weil sie etwas erzählt. Weil sie so pur war. Direkt danach schweift mein Blick zu einer Frau, die vor einem Essenswagen sitzt. Sie ist dermaßen abgemagert, dass man ihre kompletten Armknochen quasi einzelnd anschauen kann. Gänsehaut. Am Ende der Gasse, schaue ich das erste Mal auf Maps nach, wo wir hinmüssen. Verdammt, komplett falsche Richtung. Hier hätten wir nie landen sollen. Und dennoch bin ich dankbar für die Eindrücke, die wir hier erhalten haben. Auf schnellstem und sichersten Weg machen wir uns nun auf in Richtung Shopping-Area. Luxusmall, neben Luxusmall. Gucci, Prada, Swarovski, Chanel und co. Ein Ort, wo unsere Thais von vorher sicherlich nie ein Schritt reinmachen werden. Endlich finden wir neben all den unbezahlbaren Läden, einen Schuhladen. Ich kaufe mir grüne Vans und habe – im Vergleich zu den aktuellen Deutschen Preisen, 30€ weniger gezahlt. Als nächstes betreten wir eine ThaiMall. Hier stehen dicht an dicht die einzelnen Klamottenläden, die schon fast eher Marktstand-Charakter haben, alles quasi wild durcheinander, Kleider meist in nur einer Größe und die Verkäufer*innen voll im Modus, uns vom Kauf zu überzeugen. Die Gänge sind so eng und verschachtelt, dass wir uns heillos verlaufen. 5 Stockwerke Chaos. Und doch paar echt schöne Klamotten dabei. Wir kaufen allerdings nichts.

Mit dem Bus geht es weiter zur Khaosan Road – eine der bekanntesten Backpacker-/Partygegenden. Reli verbessert mich nicht nur einmal in der Aussprache des Namens. Den „Khao“-Teil des Namens spricht man wie das englische Wort „cow“ aus – und nicht wie ich „Ko“. Busfahren ist gar nicht so kompliziert. Man kann sich zwar auf keinerlei Abfahrtszeiten verlassen, die auf Maps stehen, die Thais schreiben schon gar keine Zeiten an ihre Haltestellen, das Ticketkaufen ist dagegen super unkompliziert. Du steigst einfach ein, setzt dich hin und eine Ticketverkäuferin mit Adleraugen, die jeden sieht, der neu eingestiegen ist, kommt zu dir und kassiert dich ab. Zwischen 8 und 30 Baht kostet eine Fahrt, sprich wenige Cents. Die Khaosan Road ist übersäht mit Klamottenständen, Essensständen und Bars. Als wir an einem schönen blauen Kleid anhalten, kommt sofort eine junge Verkäuferin und fragt uns, ob wir das Kleid haben wollen. „How much is it?“ -„550 Baht“. Ich will schon weiterlaufen, da hält sie mich auf und fragt: „How much do you want to pay?“ Überrumpelt von der Frage, die schon voraussetzt, dass ich das Kleid überhaupt kaufen will, stammle ich: „Äh, don’t know, maybe 350?“ War das jetzt immer noch zu viel? Oder war das unhöflich? Die Verkäuferin verwirrt mich, indem sie mir ein alternatives Kleid hinhält. Als ich verneine und gehen will sagt sie: „Okay, 450 for the blue one.“ Nun völlig überfordert mit der Geschwindigkeit mit der dies alles passiert willige ich ein, und habe mein erste Sache erstanden. Handeln und Herr meiner Entscheidungen bleiben sollte ich allerdings noch einmal lernen!

Am nächsten Tag ist Tempel-Tag angesagt. Wir fahren zu einem der zwei wohl bekanntesten buddhistischen Tempel in Bangkok: Wat Pho. Zu unserer Überraschung und unserem Glück ist er heute relativ wenig besucht, so ist das ganze bei der Affenhitze wenigsten halbwegs erträglich. Die Tempelanlage ist rießig und durchaus beeindruckend, wenn auch nicht ganz mein ästhetischer Geschmack. Gedeckte Farben wie rot und grün dominieren, kombiniert mit sehr viel Gold und vielen Verzierungen. Überall stehen riesige Turmpyramieden als Gedenkstädten für irgendwelche hierarchisch wichtigen Menschen – es ist leider zu heiß um alle Infotafeln zu lesen, auch wenn es mich sehr interessiert hätte. Es gibt eine Art Museum, die ein wenig der buddhistischen Philosophie erläutert, insbesondere der Energieströme im menschlichen Körper. Das touristische Highlight bildet der riesige liegende Buddha aus Gold, mein persönliches Highlight allerdings ereignet sich kurz vor Verlassen des Tempels. Wir hören von außen eine Art Gebetsgesang und als wir die Tempelhalle erreichen, wo wir den Gesang lokalisiert haben, bin ich fasziniert: Links neben uns auf einem Podest sitzen zirka 20 Buddhistische Mönche, alle in der traditionell orangenen Tracht, knien und singen! Eine unglaubliche Atmosphäre! Energetisch, meditativ, empfangend.

Als wir die Tempelanlage verlassen, sehen wir an einer der Bushaltestellen einen dieser Mönche. Er sitzt am Handy und wird kurze Zeit später von einem der bekannten Rollertaxifahrer abgeholt. Lustig. Wir hingegen machen uns auf den Weg zum Fluss, welcher einmal quer durch Bangkok fließt und sehen von dort, auf der gegenüberliegenden Flussseite den zweiten bekannten Tempel: Wat Arun, der schon ein wenig mehr meinem Geschmack entspricht. Weiß, Pastell, so in der Art! Wir essen etwas in einem Rooftop Restaurant, mit Ausblick auf beide Tempel und lassen damit unseren letzten Abend in Bangkok in Ruhe ausklingen. Nach dem Essen beschließe ich, auch einmal mit so einem berühmten TukTuk gefahren zu sein wollen und da es wirklich an jeder Straßenecke mindestens zwei TukTuks gibt, sitzen wir keine 2 Minuten später in einem. Ich habe es übrigens geschafft, den Fahrer wenigstens um 100 Baht runterzuhandeln, was den Fahrpreis betrifft. Vermutlich für ihn trotzdem ein gutes Tourigeschäft, aber da jedes deutsch Taxi deutlich teurer gewesen wäre – selbst Uber – denke ich, warum penetrant geizig sein, er hat sicherlich eine Familie zu ernähren. Es ist am Anfang schwer ein Gefühl für eine komplett andere Währung, dessen Wert und den kulturellen Umgang damit zu bekommen. Wie viel Trinkgeld ist höflich? Was ist zuviel? Wie viel ist zwangsläufig notwendig? Welchen Wert hat ein Gegenstand wirklich? Momentan liegt der Wechselkurs ca. so: 1000 Baht entsprechen ca. 28€. 100 Baht sind also in etwa 2,80€. Wechselkurs schwankend, plus haben wir Deutschen beim Abheben eine Wechselkursgebühr oder so etwas in der Art. Die Fahrt jedenfalls ist super schön, die frische Abendluft bläst uns ins Gesicht, der TukTuk-Fahrer fährt rasant und überholt, wenn er kann und quatscht an Ampeln mit seinen Kollegen, die neben ihm halten. Geordneter Straßenverkehr wie in Deutschland kannst du hier vergessen. Überall schlängeln sich Motorroller vorbei, von denen es eh unzählige gibt. Außerdem herrscht Linksverkehr.

Abreisetag: Während unseres Hotelaufenthalts haben wir uns für eine weiterführende Route entschieden. Mit dem Nachtbus bis nach Don Sak und von dort mit der Fähre nach Koh Samui, einer Insel im Osten Thailands. Laut Infomail der Busgesellsschaft sollen wir mindestens eine Stunde vor Abfahrt beim Abfahrtsort eintreffen. Wir machen uns also auf den Weg und kommen 80 Minuten vor Abfahrt dort an. Da wir allerdings noch nichts gegessen hatten, beschließe ich nochmal kurz loszuziehen und uns etwas zu holen, während Reli bei den Rucksäcken bleibt. Ich laufe vorbei an zig Essensständen, es herrscht eine richtig geschäftige, sommerliche, positive Stimmung und ich fühle mich richtig gut hier so alleine durch die Straße zu streifen. Plötzlich sehe ich einen ganzen aufgestochenen Alligator und bin sprachlos. Er ist gehäutet und wird gebraten und verkauft. Einfach so. Interessant. Bei einem kleinen Laden halte ich an und bestelle für Reli und mich jeweils eine vegetarische PadThai. Das ist das Gute hier. Du kannst überall massig Fleisch essen, aber es gibt alle Gerichte auch eigentlich in einer vegetarischen Variante. Plötzlich klingelt mein Handy: Reli ruft an und erläutert mir, dass der Bus losfahren will. EINE STUNDE VOR OFFIZIELLER ABFAHRT. Okay, denk ich mir, aber das Essen ist ja schon bestellt. Ich sage Reli, dass er dafür sorgen soll, dass die auf mich warten und laufe zu der jungen Thai-Frau, um ihr mitzuteilen, dass mein Bus gleich abfährt. Die ganze Küchenmannschaft – es ist eine offene Küche, man kann den Köchen beim zubereiten zusehen! – ist super verständnisvoll und ziehen meine Bestellung vor und nach nur 3 Minuten habe ich meine zwei fertigen Gerichte in einer Tüte eingepackt erhalten. Ich bedanke mich: „Kop Khun ka“- so heißt Danke auf thailändisch, was ich inzwischen gelernt habe und sprinte los. Schon von weitem sehe ich die Busbesatzung am Ende des Busses stehen die mich angrinsen, als sie mich so rennen sehen. Mein Rucksack ist schon beladen, ich bedanke mich fürs warten, steige ein und schon beginnt die Fahrt zu unserem zweiten Stop auf unserer Reise: Koh Samui!